Farouk und der Tempel von Karnak

Veröffentlicht am 6. August 2023 um 16:50

Farouk war ein einfacher Bauer in Luxor, der Gemüse anbaute und ein paar Tiere im Stall hatte. Weil er mit der Arbeit auf seinen Feldern nicht genung verdiente, ging er auch zu anderen Leuten und kümmerte sich um ihre Gärten. So war er auch immer in einem der kleinen Hotels, die es zu dieser Zeit gab. Damals reisten die Touristen aus Europa noch nicht ans Rote Meer. Sie alle besuchten die Tempel Ägyptens und es waren immer viele Franzosen, Deutsche, Spanier, Engländer und Amerikaner in Luxor.

Wenn Farouk sich um die Pflanzen des Hotels kümmerte, sprach er oft mit den Leuten. Ein Mannn unterhielt sich viel mit ihm. Eines Tages sagte Farouk zu ihm: „Ich bin ein armer Mann, ich möchte gerne das Stück Erde verkaufen, das ich von meinen Eltern geerbt habe. Ich kann dort kein Gemüse anbauen, weil der Boden nicht gut ist und nur viele alte Steine rumliegen. Deshalb bringt es mir kein Geld. Möchtest du mein Stück Erde kaufen?“

„Wo ist dein Land, das du verkaufen möchtest?“ fragte der Mann ihn. Und Farouk antwortete: „Es ist auf der anderen Seite des Nils. Du kennst bestimmt den Karnak-Tempel. Der Boden, auf dem er steht, gehört mir.“
Der Mann konnte nicht glauben, was er da gehört hatte und fragte nach: „Der Karnak-Tempel gehört dir? Wie kann das sein?“

„Ja, das ist mein Land. Es hat meinen Eltern gehört und ich habe es von ihnen geerbt. Aber es bringt mir kein Geld. Ich kann dort kein Gemüse pflanzen, denn es liegen dort nur diese Steine vom Tempel. Ich müsste das alles wegräumen, um daraus einen Acker machen zu können, aber das kostet viel Geld und ich habe keines. Wenn du willst, können wir hingehen und du schaust.“

Der Tourist war sehr aufgeregt, als er das hörte und so vereinbarten sie, dass sie das Gelände am nächsten Tag besuchen wollten. Farouk aber ging am gleichen Tag noch zu zwei Freunden und sagte zu ihnen. „Zieht morgen eure guten Sachen an und kommt zum Karnak-Tempel. Wenn ihr mich dort seht, kommt zu mir und sagt, dass ihr dort für mich immer mal vorbeischaut und alles in Ordnung sei.“ Und seine Freunde versprachen, dass sie kommen würden.

Am nächsten Tag nahmen Farouk und der Mann ein Boot, um nach Luxor-Stadt zu gelangen und gingen nach Karnak. Seine Freunde waren schon da, kamen gleich zu ihnen und sagten: „Farouk, wir passen immer gut auf dein Stück Erde auf. Es ist alles in Ordnung.“ Nun war der Mann aus Europa überzeugt, dass der Karnak-Tempel Farouks Land war. Und so sagte er: „Farouk, ich möchte dein Land kaufen. Wie viel soll es kosten?“
„Es gibt ein paar andere Leute, die mir 1,5 Millionen Dollar dafür geboten haben“, antwortete dieser. „Ich mag diese Leute aber nicht. Weil du mein Freund bist, gebe ich dir das Land für 1 Million Dollar, wenn du es kaufen möchtest.“

Der Mann war einverstanden, aber er sagte, dass er ihm jetzt nur einen Teil bezahlen könne. Dann würde er nach Hause fahren und mit dem Rest zurückkommen. Farouk war damit einverstanden. Der Mann gab ihm ein paar Tage später eine Anzahlung und flog nach Hause. Nur zwei Wochen später kam er – wie versprochen – mit dem restlichen Geld zurück.

Farouk hatte inzwischen einen Kaufvertrag auf englisch und arabisch machen lassen. Der Mann las alles genau durch. Weil alles gut schien, unterschrieb er das Papier und Farouk unterzeichnete ebenso. Da der Mann kein arabisch konnte, erkannte er nicht, dass Farouk nur irgendetwas gezeichnet, aber nicht seinen Namen geschrieben hatte. „Deine Freunde sollen hier bei mir bleiben. Ich möchte, dass sie für mich arbeiten. Wir haben viel zu tun. Ich möchte den Tempel renovieren“, sagte der Mann. Farouk versprach dies seinen Freunden auszurichten.

Als der Tourist am nächsten Morgen zum Tempel kam, war weit und breit niemand zu sehen. Er wartete lange, aber als niemand kam, fragte er andere Leute. „Wisst ihr, wo die Männer sind, die hier für mich arbeiten sollen?“ Einer fragte ihn: „Was sollen die Männer denn für dich hier tun?“ Und der Europäer antwortete: „Sie sollen aufräumen. Das ist mein Land. Ich habe es gestern gekauft und möchte den Tempel renovieren. Wir haben viel zu tun und müssen schnell anfangen.“ „Bist du verrückt?“ fragte ihn ein Mann. „Das Land auf dem der Karnak-Tempel steht, gehört Ägypten. Du kannst es nicht gekauft haben und du kannst hier auch nicht aufräumen.“

Weil der Freimde aber weiter behauptete, dass er das Grundstück gekauft habe, ging der Mann mit ihm zur Polizei. Dort erzählte der Tourist die ganze Geschichte und zeigte auch den Kaufvertrag. Doch der Polizist sagte, dass dieser falsch sei und der Karnak-Tempel natürlich Ägypten gehöre und niemand diesen verkaufen könne. Der Tourist konnte sein Unglück nicht glauben, aber er musste einsehen, dass er betrogen worden war und der Karnak-Tempel nicht ihm gehörte. So konnte er der Polizei nur alles erzählen, was er über Farouk wusste und die Polizei ging los, um diesen zu suchen.

Schließlich fanden sie Farouk auf seinem Hof, wo er wie immer seiner Feldarbeit nachging. Sie fragten ihn, was er gemacht habe und wo das Geld sei. Aber dieser sagte: „Schaut mich an. Ich bin ein armer Bauer, ich arbeite hart und habe keine Million Dollar. Der Mann sagt nicht die Wahrheit. Ich habe nichts getan.“
Weil der Ausländer aber Farouk als den Mann erkannte, mit dem er das Geschäft gemacht hatte, nahmen die Polizisten Farouk mit. Sie verhörten ihn wieder und wieder und sie schlugen ihn auch und folterten ihn mit Strom. Farouk aber sagte immer wieder: „Ich habe nichts gemacht, ich habe den Karnak-Tempel nicht verkauft und ich habe kein Geld.“ So vergingen einige Tage und Farouk ging es sehr schlecht wegen der Folterungen. Da beschloss die Polizei damit aufzuhören. Sie hatten Angst, dass er sterben würde. Und so ließen sie ihn frei und Farouk ging nach Hause. Als er sich erholt hatte und wieder gesund war, arbeitete er wie gewohnt auf seinen Feldern und bei anderen Leuten.

Die Polizei beobachtete genau, was er tat. Sie warteten, dass er das Geld holen würde und sich ein großes Haus, ein Auto, ein Geschäft oder alles zusammen kaufen würde. Dann würden sie ihn wieder festnehmen und sie könnten ihn verurteilen. Farouk jedoch tat nichts davon. Und so vergingen Wochen, Monate und sogar ein paar Jahre und die Polizei gab schließlich auf und ließ ihn in Ruhe.

Einige Jahre später kaufte Farouk einen kleinen Basar. Er arbeitete dort fleißig und da seine Geschäfte gut gingen, konnte er bald einen zweiten Laden kaufen. Seine Familie arbeitete mit ihm, sie verdienten gut und es kam noch ein Geschäft dazu. Er stellte ein paar Leute ein und so ging es weiter. Farouk machte schließlich sogar Geschäfte im Ausland und wurde ein sehr sehr reicher Mann. Der Verkauf von Karnak aber konnte ihm nie nachgewiesen werden.