1001 Nacht mit Mahmoud

Geschichten aus Oberägypten

Wir wollen hier auch Anekdoten aus der ägyptischen Provinz erzählen. Geschichten, die wahr sind und bis heute täglich geschehen. Sie erzählen vom Leben oder Schicksal einfacher Menschen, von Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe, von kleinen und größeren Schlitzohren. Viele sind zum Schmunzeln, andere machen nachdenklich. Es sind Geschichten, die in den Ohren von Europäern oder Amerikanern, oft unrealistisch, wie aus 1001 Nacht erscheinen mögen. In Ländern, in denen  der Sozialstaat alles regelt, gibt es diese Art des Zusammenlebens und der gegenseitigen Hilfe nicht mehr in diesem Maße. In Ägypten sind sie an der Tagesordnung und manchmal überlebenswichtig.

Mein Mann Mahmoud erzählt sie mir, wenn wir auf unserer Terrasse sitzen, Shisha rauchen und Tee oder Bier trinken. Es sind einfache Geschichten  – soweit möglich – in seinen Worten niedergeschrieben. Sie sollen unverfälscht und authentisch bleiben.

Die Namen der Protagonisten wurden aus Datenschutzgründen geändert. Die Fotos haben lediglich Symbolcharakter.



Mustafas unsanftes Erwachen

Mustafa ist ein sehr lustiger Mann. Es ist oft wie Theater, wenn man ihm zuhört oder ihn auf der Straße sieht. Er ist ein kleiner und sehr dicker Mann, der wie viele in seinem Dorf immer eine Gallabia* trägt.

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Mohammad und die Beerdigung

Normalerweise trauert man in Oberägypten drei Tage, wenn jemand gestorben ist. Dies ist schon seit hunderten von Jahren Brauch und hat sich bis heute bzw. bis Corona nicht geändert. In dieser Zeit versammeln sich alle Familienmitglieder, Nachbarn und Freunde im Haus des Toten. Die Männer sitzen zusammen, rauchen Shisha und unterhalten sich. Die Frauen scharen sich um den Verstorbenen, heulen und klagen lautstark. Je mehr Menschen zusammenkommen und je lauter das Weinen und Jammern ist, desto angesehener und beliebter war die Person zu Lebzeiten.

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Mohammad und das Feuer im Haus der Tiere

Eines Tages, als sie kleine Kinder waren, spielte Mohammad mit seinem Bruder Karim im alten Haus – dem Stall der Tiere. Da sagte Mohammad: „Karim, ich habe eine gute Idee für ein schönes Spiel.“ Und Karim fragte: „Was für ein Spiel ist das?“ „Bring mir Feuer aus der Küche, dann zeig' ich es dir“, erwiderte Mohammad.

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Bakr muss zum Militär

In dem Viertel, in dem Bakr wohnt, kennt ihn jeder. Er verbringt seine Tage auf der Straße, geht hierhin und dorthin und sitzt in den Cafés. Obwohl er sehr klein und schmächtig ist, haben die Leute ziemlich viel Respekt vor ihm – oder besser gesagt sogar ein bisschen Angst. Wenn er wütend ist, ist nicht gut Kirschen essen mit ihm. Das wissen alle seine Nachbarn und versuchen ihn nicht zu provozieren und keinen Ärger mit ihm zu bekommen.

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Haani geht nach Hurghada

Wie viele Kinder ging Haani schon als kleiner Junge lieber im Tal der Könige arbeiten als zur Schule. Er verkaufte Ansichtskarten und Bücher an die Touristen. Sein Vater wollte, dass er zur Schule ginge und fleißig lerne, aber Haani verstand nicht, warum er das tun sollte. Der Unterricht war langweilig, die Lehrer sehr streng und fast jeden Tag wurde er bestraft, weil er nicht aufpasste. In den Straßen der Basars dagegen herrschte buntes Treiben. Er sah Touristen aus allen Ländern der Welt, alle waren freundlich  zu ihm,  und es war aufregend und lustig. Außerdem waren viele seiner Freund dort und sie alle verdienten gutes Geld, denn die Touristen kauften damals viel mehr Souvenirs als heute.

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Farouk und der Tempel von Karnak

Farouk war ein einfacher Bauer in Luxor, der Gemüse anbaute und ein paar Tiere im Stall hatte. Weil er mit der Arbeit auf seinen Feldern nicht genung verdiente, ging er auch zu anderen Leuten und kümmerte sich um ihre Gärten. So war er auch immer in einem der kleinen Hotels, die es zu dieser Zeit gab. Damals reisten die Touristen aus Europa noch nicht ans Rote Meer. Sie alle besuchten die Tempel Ägyptens und es waren immer viele Franzosen, Deutsche, Spanier, Engländer und Amerikaner in Luxor.

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Fathis "Gang nach Canossa" oder das Ende einer Familienfehde

Seit sie Kinder waren, hatten Fathi und Abdul immer wieder Streit. Inzwischen waren beide zu jungen Männern herangewachsen und es hatte sich nichts daran geändert. Auch an diesem Tag kam es wieder zu einer lautstarken Auseinandersetzung mitten auf der Straße. Viele ihrer Nachbarn beobachteten, wie die Beiden sich immer neue  Beleidigungen an den Kopf warfen.

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