Woche 5: 12. bis 18. April 2024

Veröffentlicht am 16. April 2024 um 16:55

Freitag,der 12. April ist wieder ein schwarzer Tag

So positiv die vierte Woche geendet hatte, so schlimm ist der Start in die fünfte Lebenswoche der Kleinen. Als ich Freitag Morgen zum Tor komme und gerade aufmachen will, kommt ein Nachbar aus dem Haus, mit dem wir schon zweimal Probleme hatten. Sofort stürzt er auf mich zu: "Was machst du hier? Woher hast du den Schlüssel zu dem Tor? Gib' mir sofort das Schloss!" Wie immer schreit er rum. Auf meine Antwort, dass ich ihm nichts geben würde, weil ich die Erlaubnis hier zu sein, von anderen Personen erhalten habe, geht es weiter: "Das ist mein Haus, mein Grund! Was willst du hier?" Da ich die Eigentumsverhältnisse nicht kenne, rufe ich die Leute an, die uns den Platz zur Verfügung gestellt hatten. Sie schauen vom Balkon und versuchen zu vermitteln. Kathi trifft inzwischen ebenfalls ein.

Leider ist bei diesem Typen aber Hopfen und Malz verloren. Er stürmt in den Hof und als er die Welpen sieht, packt er - weiterhin wild brüllend - jeden einzelnen am Genick und schmeißt die Babys über die Mauer.

Hinter dem Areal befindet sich ein schmaler Absatz, dahinter geht es einen Hang hinunter. Da es vom Grundstück aus keinen Zugang dorthin gibt, müssen wir erst einmal raus, um ein Stück weiter zu diesem Brachland und damit zu den Kleinen zu gelangen.

Zum zweiten Mal in ihrem kurzen Leben hatten Pollys Welpen einen Schutzengel und sind alle auf dem schmalen Weg gelandet. Keiner ist den Abhang runtergefallen und alle sind unverletzt.

Während wir sie einsammeln, steht der Kerl oben und schaut uns zu. Er wartet auf uns auf dem freien Grundstück bei Gamils Haus und der Streit geht weiter.

Die Polizeit rückt mit sechs Beamten an

Dieser Hundehasser hat allerdings dieses Mal einen großen Fehler begangen. Da wir live dabei waren, können wir die Polizei anrufen, um Anzeige zu erstatten. Was ich, nachdem die Hunde sicher sind, tue. Obwohl mir eine Ansage einen englischsprachigen Beamten anbietet und ich diese Möglichkeit auswähle, ist es unmöglich dem Anpsrechpartner mein Anliegen zur erklären. Nachdem ich zum dritten Mal höre,  "bitte wiederholen Sie Ihren Namen und schildern Sie, was passiert ist," habe ich die Nase voll und lege auf.

Da kein Ägypter greifbar ist, der uns helfen kann oder will, gehe ich heim und Mahmoud erledigt den Anruf für mich. Dieses Mal klappt es reibungslos und wir gehen nach unten, um auf den Streifenwagen zu warten. Kaum zu glauben, aber es dauert tatsächlich nicht sehr lange und es kommen ZWEI Einsatzfahrzeuge - ein Pkw und ein Jeep - sowie insgesamt SECHS Polizisten.

Runde eins findet auf der Straße statt

Wir lotsen die Polizei zum "Tatort", wo der Übeltäter vor dem Haus steht. Anfangs ist er noch relativ entspannt bzw. selbstsicher. Wieder gibt es viel Geschrei: "Ich liebe Hunde, aber ich habe ein Baby. Das kann die ganze Nacht nicht schlafen, weil die Hunde ständig bellen", so versucht er sich zu verteidigen. Wir halten dagegen: "Zehn Tage waren die Welpen hier und du hast keine Probleme gemacht. Du hattest nicht einmal bemerkt, dass sie hier waren, weil jede Nacht ruhig war. Nur, weil du mich gesehen hast, hast du es jetzt mitgekriegt."

So geht es ungefähr eine Stunde hin und her. Inzwischen ist er sehr kleinlaut, weil wir der Polizeit auch sagen, dass er,  bereits vor einigen Wochen zum ersten Mal und heute erneut, Kathi bedroht hat. "I see you, I kill you!" waren zwei Mal seine Worte!

Wir verzichten auf den großen Sieg, weil wir nicht herzlos sind

Schließlich geht es zum Polizeirevier. Da wir im vergangenen September schon einmal Anzeige wegen Tierquälerei erstattet hatten, kennen wir das Procedere bereits und stellen uns auf lange Wartezeit ein. Nach mehr als drei Stunden werden wir zum stellvertretenden Revierchef vorgelassen. Leider ist der oberste Boss in Urlaub. Mit ihm hatten wir letztes Mal gute Erfahrungen gemacht.

Bei diesem Beamten ist uns schnell klar: Er ist nicht auf unserer Seite! Er weiß aber auch, dass er handeln muss. Das Gesetz sagt eindeutig, dass Tierquälerei oder -tötung unter Strafe steht - und zwar im schlimmsten Fall sogar mit einigen Jahren Gefängnis. Hier kommt erschwerend die ausgesprochene Drohung hinzu.

Erneut gibt es ein ewiges Hin und Her! Alles wird wieder und wieder erzählt. Es geht darum, dass wir keine Anzeige erstatten sollen. Der Mann verspricht ein ums andere Mal, dass er die Hunde in Ruhe lasse und sie nie mehr in Gefahr bringen werde.

 Kathi und ich besprechen alles und erklären uns schließlich dazu bereit, auf eine offizielle Anzeige zu verzichten. Da der Mann Frau und Kind hat und wir keine Unmenschen sind, vertrauen wir darauf, dass wir ihm genug Angst einjagen konnten. Allerdings machen wir ganz klar: Sollte einem der Tiere auch nur ein Haar gekrümmt werden, kommen wir wieder und werden alles durchziehen. Dies gelte nicht nur für ihn, sondern auch für alle anderen Hundehasser in der Straße. Kurz versucht mich der Beamte noch einzuschüchtern: "Sie wissen, dass sie hier bei der Polizeit sind, also drohen Sie hier nicht!" Ein Fehler von ihm, denn ich scheue nicht davor zurück, auch ihm deutlich zu machen, dass wir keine Angst haben und dies auch keine Drohung sei, sondern nur die Erklärung dessen, was passiere, wenn er sich nicht an sein Versprechen halten würde.

Nach insgesamt fünf Stunden ist alles geklärt. Obwohl wir die offizielle Erlaubnis haben, die Welpen weitere vier Wochen in dem Hof zu halten, und wir inzwischen wissen, dass der Platz nicht ihm gehört, überlegen wir es uns anders. Wir bringen die kleine Familie gegenüber von Gamil unter. Dort ist zwar nicht so viel Platz, aber sie sind sicher dort. Eine Überwachungskamera sorgt dafür, dass sie rund um die Uhr geschützt sind. Da Polly uns inzwischen so vertraut, versucht sie nicht mehr die Welpen wegzubringen.

So weh es tut: Wir müssen unsere Grenzen akzeptieren!

Der Tag hinterlässt dennoch tiefe Spuren bei uns. Die Hoffnung, die Hunde nach Deutschland zu vermitteln, ist dahin. Da wir keine Organisation im Rücken haben, die uns finanziell oder bei der Unterbringung bis zur Ausreise unterstützt, müssen wir einsehen, dass wir das nicht schaffen können. Wir sind schließlich nur zu zweit und können nicht Projekte bewältigen, an denen ganze Vereine hart zu knabbern haben. Alle Anfragen bei den Orgas vor Ort und auch in Deutschland waren negativ.

Solche Niederlagen sind hart! Es gehört aber auch dazu, sie zu akzeptieren und nicht verbissen am Unmöglichen festzuhalten.

Priorität hat der Schutz der Babys sowie die Kastration möglichst vieler Hunde und Katzen

Bis jetzt ist der Rest der Woche ruhig verlaufen. Die Welpen und auch Polly haben die Aufregungen gut überstanden. Nach wie vor freuen sich die Kleinen jeden Morgen, wenn wir ihnen Welpenmilch und Futter bringen.

Kathi und ich werden sie weiter beschützen und uns um sie kümmern, damit wir sie mit ca. vier Monaten kastrieren lassen können. Auch wollen wir versuchen, wenigstens ein paar liebe Menschen in Hurghada zu finden, die den einen oder anderen adoptieren. Die meisten Einheimischen kommen leider nicht in Frage, aber es gibt schließlich auch Ausnahmen, die Tiere lieben sowie Europäer, die vielleicht einen Hund aufnehmen wollen. Mehr können wir leider nicht tun!

Kurzfristig bekommen wir außerdem bei der SUST Stray Cat Clinic Termine, damit wir Polly und Whitey sowie zwei andere Baladi kastrieren lassen können. Damit ist uns zumindest wieder eine große Last von den Schultern genommen, denn wir wollen unbedingt vermeiden, dass sich in unserem Viertel die Hunde weiter vermehren.

Polly muss leider doch noch warten

Der erste unserer beiden Termine für Kastrationen bleibt leider ungenutzt. Cici muss uns am Morgen kurzfristig absagen. Im Center fehlen so viele Pflegekräfte, dass sie nicht wegkommt. Das ist bitter, aber wir können es leider nicht ändern und verstehen die Notlage natürlich auch.

Am 18. April kommt sie - wie versprochen - zusammen mit Mohamad. Auch dieses Treffen verläuft nicht ganz unseren Wünschen entsprechend. Die beiden Tierschützer sind sich einig: Für Polly ist es noch zu früh. Sie produziert noch zu viel Milch. Die OP-Wunde würde ihr zu viel Schmerzen bereiten, wenn die Kleinen saugen. Uns erscheint dies durchaus plausibel und nachvollziehrbar, deshalb geht zu diesem Termin außer Whitey einfach noch ein anderer Streuner. An Kandidaten herrscht ja leider kein Mangel und der zweite Platz ist leicht zu besetzen.

Für Polly werden wir - sobald sich das Gesäuge zurückbildet - einen neuen Termin ausmachen.  Natürlich sind wir enttäuscht. Die größte Gefahr, dass Polly durch Whitey wieder gedeckt wird, ist jedoch zumindest mit seiner Kastration gebannt.

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